Dienstag, 28. Februar 2012

Der Sound von Unterwegs


Das Fenster herunter gedreht, der kühle Fahrtwind um die Nase, die Sonnenbrille lässig im Gesicht – und nichts als die weite Straße vor der Brust: Roadtrip-Romantik à la carte. Das Gefühl von Freiheit füllt Körper, Geist und Vehikel.

Während im spätwinterlichen Deutschland die Sonne noch alltäglich um jeden Zentimeter am Himmelzelt kämpfen muss, sind es Erinnerungen oder eben Bilder wie diese, die durch die dunkle Jahreszeit geleiten. Das, und: Der IPod. Denn nichts schafft es so unvermittelt ein paar Minuten Freiheit ins Ohr und in den Körper zu zaubern wie die Musik. Immerhin: Vor dem geistigen Auge ist das Fenster herunter gekurbelt, ja. Auch der Fahrtwind und die Sonnenbrille dürfen nicht fehlen, wenn man unverhohlen vom Highway träumt.

Aber damit ist es eben nicht genug. Meist ist doch die Musikanlage noch bis zum Anschlag aufgedreht. Da dröhnt dann, wenn man es mit den Klischees hält, Steppenwolf oder „Highway to Hell“ aus den Boxen. Oder die Country-Barden von Rascal Flatts schmettern so unerhört lebensfroh „Life is a Highway“.

Gerade jetzt, wenn es draußen immer noch viel zu früh dunkel ist und die grau-graue Wolkenmelange jegliche Aufhellung verhindert, sind es aber vielleicht auch die ruhigen Songs. Wenn man daheim auf dem Sofa liegt, sich die Rückkehr auf die Straße herbeiwünscht und dabei die leicht knarzende Stimme Bob Dylans hört, wie auch er in „Shelter from the Storm“ Zuflucht sucht, oder glaubt: Tomorrow is a long Time.

Neue Kulturen, neue Menschen, fremde Orte. All das treibt den Menschen an, „Unterwegs zu sein“. Letztlich aber ist es immer auch eine Jagd nach Erinnerungen. Denn der Moment in der Fremde ist vergänglich. Der Gedanke an ihn nicht. Um seiner Konservierung Willen klammern wir uns doch an die wenigen Dinge, die uns aus diesen vergangenen Tagen bleiben. Und da reicht eben häufig schon diese kleine Ansammlung von Noten, Akkorden, Harmonien.

"Musik - die Melodie, zu der die Welt der Text ist“ - Arthur Schopenhauer (1788-1860)


So schaffen es die Bright Eyes, mit „Lua“ den atemberaubenden Sonnenuntergang über der Sandsteinwüste Utahs in mein Wohnzimmer zu bringen. Sofort spüre ich die Wärme der hinter den Canyons versinkenden Sonne auf der Haut, bin zurück. Zurück auf den Felsen, auf denen wir saßen, während Luas Klänge aus der offenen Autotür leise für etwas ewig Greifbares sorgten.

Schließe ich die Augen, muss ich mich erinnern, wo ich bin: Zuhause. Auf dem Sofa. Das ist so viel bequemer als der harte Felsen. Ich würde sofort tauschen – und danke den Bright Eyes.